Forschungsprogramm

II. Jüdische Traditionen im kulturellen Leben deutscher Juden in der Zeit des Nationalsozialismus ​

Auch ein sich seit 1933 unter den Bedingungen staatlicher Ausgrenzung verstärkender Paradigmenwechsel im Aufgreifen jüdischer religiöser und kultureller Traditionen in literarischen und philosophischen Texten sowie in musikalischen Werken der Zeit kann in unmittelbarer Wechselwirkung mit den Erfahrungen eines gescheiterten Emanzipationsprozesses gesehen werden. So erlangte im Kontext der Entstehung eines zwangsweise separierten jüdischen Kulturkreises im nationalsozialistischen Deutschland seit 1933 auch das Schaffen mittelost- und osteuropäisch-jüdischer Intellektueller und Künstler, deren kulturelle Traditionen und spezifische Erfahrungen eine größere Aufmerksamkeit als in den Jahren der Weimarer Republik. Über den erkennbaren Akt einer ideellen ‚Einbürgerung’ im Zusammenrücken einer verfolgten Minderheit hi­naus, dokumentiert die gewachsene Wahrnehmung osteuropäisch-jüdischer Kulturen nach 1933 vor allem ein im Kontext eigener Selbstbestimmungsversuche gewachsenes Interesse deutsch-jüdischer Intellektuel­ler, Schriftsteller und Künstler an einer Neu- und Wiederentdeckung der eigenen Wurzeln. Die Forschungsarbeiten  dieses thematischen Schwerpunktes fragen daher nach den()osteuropäisch-)jüdischer Kulturen im zunehmend ghettoisierten kulturellen Leben einer ausgegrenzten und verfolgten jüdischen Minderheit im NS-Deutschland, um damit – anknüpfend an vorliegende Forschungen zum intellektuellen, literarischen und musikalischen Wirken deutscher Juden im Nationalsozialismus im Allgemeinen – einen bislang unbeachtet gebliebenen Aspekt der kultureller Entwicklungen dieser Jahre erkennbar zu machen. Auf empirischer wie theoretischer Ebene überschreitet das Arbeitsfeld hierin zugleich den verkürzten Horizont des nationalstaatlichen Paradigmas in Tiefenanalysen des Zusammenhangs von (mittel)ost- und westeuropäisch-jüdischen Kulturen und soll differenziertere Einsichten in die kulturellen Prägungen deutscher und europäischer Kultur, Musik und Literatur in der Zeit des NS eröffnen.

Promotionen im Arbeitsfeld: 

Marie Kempe: Einflüsse mittelost- und osteuropäisch-jüdischer Kulturen im literarischen Leben jüdischer Autorinnen und Autoren im NS-Deutschland 1933-1945 (Arbeitstitel)

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